CfP zum Workshop 2016 der AG Fotografieforschung „Methoden der Fotografieanalyse“

Call for Papers für den gemeinsamen Workshop der AG Fotografieforschung der Gesellschaft für Medienwissenschaft und des Interdisziplinären Medienwissenschaftlichen Zentrums (IMZ) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zum Thema „Methoden der Fotoanalyse“

Sieht man einmal von Roland Barthes‘ Rhetorik des Bildes (1964) ab, scheint es kaum kanonisierte Methoden der wissenschaftlichen Analyse von Fotografien zu geben. Dies dürfte in vielfacher Hinsicht dem Status der Fotografie als technisch produziertes Einzelbild geschuldet sein, weswegen es gerne unter allgemeine Formen der bildwissenschaftlichen Analyse im Spannungsfeld von Semiotik und Phänomenologie subsumiert oder gleich ganz dem kunstwissenschaftlichen Repertoire (Ikonographie, Ikonologie, Ikonik) überantwortet wird. Dies wird jedoch erkauft durch eine medienwissenschaftlich unbefriedigende Absehung von der fotografischen Materialität und Medialität (und deren historischen Wandlungen). Eine weitere Herausforderung dürfte die hochgradige ‚Träger‘-Flexibilität der Fotografie darstellen, die sich darin äußert, dass ein fotografisches Bild nicht nur in verschiedenen Materialisierungsformen (Papierabzug, Projektionsbild, Display etc.), sondern auch in ganz unterschiedlichen Kontexten (Buch, Zeitschrift, Plakat, digitale Oberflächen etc.) erscheinen kann. Eine Fotografieanalyse, Keep Reading

Ausstellung: Germaine Krull (Berlin bis 31.1.16)

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Germaine Krull: Métal, 1928

Zwei Dinge, die ich an der Ausstellung bemerkenswert fand: Gut ist, zumindest einge aufgeschlagene Bücher und Zeitungsseiten sehen zu können, denn das ist die Form in und für die Krull gearbeitet hat: Typografie, Montage und Narrativierung sind Teil des fotografischen Projekts. (Die Ausstellung bleibt leider am Vintage-Objekt hängen; warum nicht ein Video, in dem die Bücher durchgeblättert werden? Eine digitale Version?) Außerdem wird die feministische Verve Krulls irre fassbar: autofahren, rauchen, Frauen fotografieren. Ihre berühmt gewordenen Porträts späterer Berühmtheiten und die Fotografien, die zu Parismythosmotiven geronnen sind – Eiffelturm in Untersicht, Schaufensterpuppen, clochards, marché aux puces –, haben fast verdeckt, dass Krull z.B. für Vu eine wunderbare Reportage über Arbeiterinnen gemacht hat, in der es irgendwie um Hände geht (1932).

Die Ausstellung wurde von Michel Frizot für das Jeu de Paume konzipiert, ist bis 31.1.16 im Martin-Gropius-Bau zu sehen (Katalog).

JPEGs und die Regulierung der technischen Reproduzierbarkeit

Digitale Reproduktion einer Variante des Internet-‚Memes‘ Crasher Squirrel, das ein Mash-Up zweiter digitaler Bildreproduktionen darstellt, die wiederum… (Quelle: http://i1.kym-cdn.com/photos/images/facebook/000/008/676/moon-landing-crasher-squirrel-22124-1250268127-25.jpg)

Fotografie ist von jeher unter anderem über die technische Reproduzierbarkeit ihrer Bilder definiert worden. So hat Roland Barthes in Die helle Kammer treffend als eine mediumspezifische Paradoxie ausbuchstabiert, dass die Fotografie unendlich zu reproduzieren vermöge, was nur einmal stattgefunden habe. Verantwortlich für die Reproduzierbarkeit ist die Verdoppelung der fotografischen Abbildung im Negativ-Positiv-Verfahren: Für die Einmaligkeit einer Fotografie steht das Negativ ein, das auf eine bestimmte Raum-Zeit-Konstellation in der Wirklichkeit referiert; das Negativ kann dann jedoch seinerseits zur Grundlage einer mehr oder weniger unbegrenzten Anzahl von Abzügen werden, die wiederum auf fotografischem Wege von ihm gewonnen werden. Zumindest seit es Glasnegative gibt, also ca. ab 1850, können fotografische Aufnahmen daher in hohen Auflagen kursieren. Es bestanden freilich auch Möglichkeiten Bilder zu vervielfältigen, ohne über das Negativ zu verfügen. Fotopiraterie sah im 19. Jahrhundert so aus, dass man einfach einen Abzug abfotografierte und so ein entsprechendes Negativ gewinnen konnte, zwar mit etwas schlechterer Auflösung, aber ebensogut reproduzierbar. Solange die Bilder sich materialisieren mussten, um verkauft zu werden, bot das Urheberrecht den Inhabern allerdings einen guten Schutz gegen unerlaubte Vervielfältigung. Aus eben diesem Grund waren es gerade die kommerziellen Anbieter von Fotografie, die daran interessierte waren, dass die Fotografie zur Kunst erklärt werde, um unter den Schutz des Urheberrechts zu fallen.

Die Digitalisierung der Fotografie hat die Negativ-Positiv-Differenz aufgehoben und an ihre Stelle die Differenz Datensatz-Display gesetzt. Vervielfältigung sieht nun so aus, dass derselbe Datensatz wieder und wieder angezeigt oder ausgedruckt werden kann. Zugleich ist aber auch dieser selbst unendlich oft reproduzierbar, sodass sich die Einmaligkeit des Negativs in eine Multiplizität desselben Datensatzes auflöst. Auch bei der Reproduktion eines Datensatzes Keep Reading

Selfies on Display: Nun auch im White Cube

Heute wird in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe die Ausstellung von Rembrand zum Selfie eröffnet: Das Museum öffnet dem Selfie seine Pforten, indem es die Geschichte des Selbstporträts als Rahmen anbietet. In diskursiver Form ist diese Verbindung natürlich schon längst gezogen worden, früh und in der prominentesten Form in einem kunsthistorischen Essay von Jerry Saltz, ohne den kunsthistorischen Rattenschwanz auch schon 2013 von Noah Berlatsky. Eine Kolumnistin der Zeitung Guardian, Jessie Judge, fühlt sich durch den Vergleich mit Rembrandts Selbstporträts bemüßigt dafür zu plädieren, dass wir mehr reflektierte, ‚ehrliche‘ Selbstergründungen brauchen als eine Flut von geknipster Selbstbesessenheit: „The selfie threatens to distract us from what Rembrandt did: looking at ourselves closely, honestly, but compassionately“. Sie argumentiert, nicht unbegründet, dass das Selfie kein Selbstporträt sei, erhebt aber eben dies zum Symptom einer Krise: Mehr Selbstporträts also, weniger Selfies. Der Fotografiephilosoph Daniel Rubinstein wiederum hebt gerade das Spielerische, die schlichte Abbildung Transzendierende, ja gerade das Verlogene hervor, um für den Kunstcharakter des Seflies zu plädieren: Das Selfe ist das erste Kunstwerk des Netzwerkzeitalters, weil es sich nicht mit Beschreibung, Repräsentation oder Imitation zufriedengibt“, schreibt er im Katalog zu einer zweiten aktuell laufenden Ausstellung, die sich im Düsseldorfer Kunstformum NRW exklusiv dem Selfie widmet. Unter dem Label „Ego Update“ fahndet diese Ausstellung nicht nach der Vorgeschichte des Selfies, sondern nach der „Zukunft der digitalen Identität“. 

Doch warum sucht man die digitale Identität nicht dort, wo sie konstruiert, gelebt und kommuniziert wird, also online, sondern in den gediegenen Räumen eines Museums? Ob man dem Selfie damit einen Gefallen tut, es aus seinen alltäglichen Zusammenhängen in der Onlinekommunikation zu reißen und in etablierte Kunsträume zu hängen, möglicherweise noch in Zusammenhang zu einem etablierten künstlerischen Genre, scheint mir diskutabel. Der „white cube“ von Galerien und Museen stellt eine radikal andere Form des „Sharing“ dar als die Plattformen des Social Web. Was passiert mit dem Selfie im Museum – transformiert es sich dort in ein Porträt oder zeigt es dort eher an, dass es diesem Anspruch nicht genügt – oder sich ihm nicht fügt?

In aller Regel stellen Selfies nun mal nicht Dauerhaftigkeit beanspruchende Ergründungen einer Person dar, sondern bilden Elemente einer Reihe von Kommunikationen auf einer Online-Plattform, in der einer Nachricht eine andere Nachricht abfolgt, ein Bild das nächste ersetzt. Das Selfie fungiert normalerweise als zeit- und ortsspezifische Aussage und Kommunikationssauforderung: „Ich bin hier“, wie es der Titel der Karlsruher Ausstellung erstaunlicherweise als übergreifendes Motto auch des Selbstporträts in Anschlag bringt. Aber auch weiter: Was sagt Ihr dazu? Und wo seid Ihr? Was macht Ihr gerade? Wart Ihr auch schon mal hier? Wenn sich so etwas wie Identität ergeben sollte, dann am ehesten noch wie beim Wiederlesen eines Tagebuchs, das auch disparate, aus dem Moment entstandene Eindrücke verschriftet, um Keep Reading

Workshop „Probleme der Corpusbildung“

Am Donnerstag, den 21.05.2015, findet an der Hochschule für Bildende Kunst Braunschweig der Workshop „Probleme der Corpusbildung“ der AG Fotografieforschung der Gesellschaft für Medienwissenschaft statt. Den Rahmen dafür gibt das DFG-Graduiertenkolleg 1843 „Das fotografische Dispositiv„.

Der Workshop wird sich mit einem für die Fotografieforschung zentralen methodischen Problem auseinandersetzen: der Corpusbildung, also der Auswahl des in Forschungsarbeiten zu bearbeitenden Materials. Gerade bei einem technischen Reproduktionsmedium wie der Fotografie, das fast von Anfang an durch Quantität auffällt, scheint es unerlässlich sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Doch nur selten wird sie überhaupt aufgeworfen.

Im Rahmen des Workshops sollen ausgehend von konkreten Forschungsvorhaben Probleme, Verfahren und Erträge von Corpusbildung diskutiert werden. Die vorgestellten Themen reichen von digitalen Bildern im Internet über Archive professioneller Pressefotografie bis hin zu künstlerischen Oeuvres. Es ist zu hoffen, dass mit dem Workshop eine fortlaufende methodologische Diskussion initiiert wird.

Das Programm der Veranstaltung findet sich hier: Ablaufplan_WorkshopCorpusbildung_210515

Gäste sind herzlich willkommen, werden aber gebeten sich sich vorab unter der Adresse d.buehler@hbk-bs.de anzumelden.

Das Ende des Fotoapparats im Smartphone?

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„Simple photographic apparatus“ aus: Gaston Tissandier, A History and Handbook of Photography, London 1876.

Unter der Überschrift „Einfach zu kompliziert“ wird in einem Artikel von Helmut Martin-Jung über eine Absatzkrise von digitalen Kameras berichtet. Von 6,1 Millionen verkauften Digicams (wohl nur in Deutschland) im Jahr 2014 soll die Zahl im vergangenen Jahr auf 4,6 Millionen zurückgegangen sein. 2010 sollen es sogar noch 8,6 Millionen verkaufte Digicams gewesen sein. Bis 2010 scheint die Welt für die Kamerahersteller noch in Ordnung gewesen zu sein, denn bis dahin ist die Zahl verkaufter Digitalkameras stetig angestiegen (bis auf 140 Mio. weltweit) und hat ihrerseits die analogen Kameras vom Markt verdrängt. Während nun die Zahl geknipster Bilder anscheinend immer weiter zunimmt, nimmt die Zahl der selbstständigen Kameras kontinuierlich ab. Diese Tatsache wird wohl zurecht mit dem Aufstieg des Smartphones zusammengebracht. Denn der Kameramarkt, der in Millionen rechnet, ist natürlich nicht derjenige der professionellen Nutzer und Nutzerinnen (die weiter auf technisch aufwändige Kameratechnik angewiesen bleiben), sondern der der Amateure, vor allem aber der Knipsenden. Das zeigt sich auch daran, dass zunächst die Kompaktkameras vom geschilderten Rückgang betroffen waren und erst jüngst die hochwertigen Spiegelreflexkameras.

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„Share your life in photos“ – Aufforderung auf der flickr.com-Homepage im Juli 2014; Screenshot von flickr.com

In diesem Blog geht es natürlich nicht darum, welche Sorgen die Kamerahersteller umtreiben, sondern was aus diesen Entwicklungen für die aktuelle fotografische Praxis abzulesen ist. Lange Zeit stand ich der These, dass im Computer alle Medien nicht nur (medien-)theoretisch, sondern auch für die User konvergieren, sehr skeptisch gegenüber, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass die Vorzüge der Einzelmedien so einfach aufgegeben würden. Insbesondere der Erfolg des Smartphones hat mich eines Besseren belehrt: Der Vorteil der Mobilität hat es nun wirklich attraktiv gemacht, die gesamten medialen Praktiken – zumindest dann, wenn man nicht zu Hause ist – in einem Gerät zusammenzuziehen. Mit dem Smartphone werden ‚Briefe‘ geschrieben, Informationen recherchiert und sogar Texte fürs Seminar vorbereitet, es wird Musik gehört und gekauft, es werden Filme angesehen usw. usf. – und eben: es werden Fotos gemacht, betrachtet und gezeigt, gespeichert und verwaltet, vor allem aber auch verschickt und ins Netz hochgeladen. Die mittlerweile von mehr als 300 Millionen angemeldeten Usern genutzte Plattform Instagram, die für die Nutzung mit dem Smartphone konzipiert und optimiert ist, belegt überdeutlich, wie erfolgreich der Imperativ des bildförmigen Berichtens über das eigene Leben (Share your life!) ist. Besteht das vorwiegende Interesse des Fotografierens im instantanen Teilen von Bildern, dann ist klar, dass es dazu keine separaten Fotoapparate mehr braucht, ja, dass diese dem Ziel des Teilens hinderlich sind, weil die meisten wenn überhaupt, dann nur per W-LAN mit dem Internet zu verbinden sind.

Dass Smartphones immer verbreiteter und deren Kameras immer besser geworden seien, könne jedoch, so zumindest der im Artikel zitierte Branchenexperte Heino Hilbig, nicht allein die Krise der Fotoapparate Keep Reading

Workshop der AG Fotografieforschung 2015 zum Thema „Probleme der Corpusbildung“ an der HBK Braunschweig, Call for papers / participation

Für jedes wissenschaftliche Argument gilt, dass seine Wissenschaftlichkeit nicht zuletzt durch die Reflexion der eigenen Methoden sichergestellt wird. Der Workshop der AG Fotografieforschung möchte sich dieses Jahr solch einem methodischen Problem zuwenden: der Corpusbildung. Dieses Problem stellt sich immer dann, wenn der Bereich, über den Aussagen getroffen werden sollen, größer als derjenige ist, der sich sinnvoll bearbeiten lässt. Im Corpus treffen idealerweise die Struktur des Gegenstandsbereichs und das Erkenntnisinteresse der Fragestellung zusammen.

Reflektiert werden sollen in dem AG-Workshop, welche allgemeinen und medienspezifischen Probleme bei der Bildung von Foto-Corpora auftreten und welche Lösungswege zur Verfügung stehen. Drei Ebenen können hier zur Sprache kommen:

  1. Die Ebene der Quantität:

Um aus einer Überfülle an Material auszuwählen, wie sie insbesondere die technisierte Medienökonomie der Moderne hervorbringt, haben die traditionellen Künste Prozesse der Kanonisierung etabliert, die das durch seine Qualität überzeitlicher Aufmerksamkeit Würdiges gegen Nebensächliches und Banales abgrenzen. Auch wenn diese machtvollen Ausschließungsprozesse mit guten Argumenten kritisiert worden sind, so gliedern sie doch beharrlich in der einen oder anderen Form die Ordnung kultureller Texte, denn das Bezugsproblem, die nicht mehr handhabende Fülle des Angebots, bleibt konstant erhalten. Auch die wissenschaftliche Forschung schließt an Kanonisierungsprozesse an und arbeitet an diesen mit.

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Medienwissenschaftliche Fotografieforschung

Nachdem das Blog der AG Fotografieforschung nun das Ende seines ersten Kalenderjahres erreicht, möchte ich die Gelegenheit ergreifen einmal intensiver – öffentlich – darüber nachzudenken, was medienwissenschaftliche Fotografieforschung auszeichnet, was also das Besondere, Wichtige, Ertragreiche eines spezifisch medienwissenschaftlichen Zugriffs auf die Fotografie sein könnte. Wenn es schon semiotische, phänomenologische, kunstgeschichtliche, technikgeschichtliche, wissenschaftsgeschichtliche, soziologische Zugriffe gibt, die wertvolle Erkenntnisse erbracht haben und weiterhin erbringen, was wäre dann das Programm einer Medienwissenschaft der Fotografie? Um es vorwegzuschicken: Es geht mir keineswegs darum, disziplinäre Claims abzustecken, sondern Medienwissenschaft vielmehr als eine Problemstellung zu charakterisieren, als eine Fragestrategie zu skizzieren, die vom Medium ausgeht. Dass sich Medienwissenschaft, wenn sie mehr sein will, als eine Wissenschaft von Film, Fernsehen und den digitalen Medien, mehr über eine Forschungshinsicht denn einen festen Gegenstandsbereich definiert, ist so produktiv wie risikoreich für das Fach, denn solche Fragen stellen natürlich zurecht auch andere Fächer – mehr oder minder erfolgreich – in Bezug auf ihre jeweiligen Gegenstände. Medienwissenschaft interessiert dafür, was an Kultur, was an Wahrnehmung, was an Gesellschaft, was an Kunst, Politik usw. medial ist, sie interessiert sich, kurz gesagt, für den Anteil der Medialität an unserer Wirklichkeit. Medialität kann dabei auf zwei Ebenen angesiedelt werden: Einerseits kann der Begriff, wie in der Formel Mediengesellschaft, die wirklichkeits- und kulturbildende Wirksamkeit von Medien insgesamt und überhaupt meinen, andererseits das, was ein bestimmtes Medium auszeichnet, was also die formative Leistung eines bestimmten Mediums ausmacht. Weil es hier um das Verhältnis von Medienwissenschaft und Fotografie geht, werde ich im Folgenden diese zweite Bedeutung erhellen.

Die klassischste medienwissenschaftliche Frage an die Fotografie wäre, was denn die Identität des Mediums Fotografie ausmacht, Keep Reading

Themenheft der Fotogeschichte: Abstrakte Fotografie

Das aktuelle Themenheft der Fotogeschichte (H. 133, Jg. 34, 2014), herausgegeben von Kathrin Schönegg und Bernd Stiegler, segelt unter dem Stichwort „Abstrakte Fotografie“. Damit ist es ein aus medienwissenschaftlicher Perspektive äußerst interessantes Thema aufgegriffen, das in der Forschung in den letzten Jahren etwas aus dem Blick geraten war und hier zurecht wieder hervorgeholt wird. Die Annahme, es gebe so etwas wie ‚abstrakte Fotografie‘, stellt zur Debatte, was Fotografie überhaupt als Medium ausmacht. In differenztheoretischer Perspektive ist der Gegenstandsbezug der Fotografie ja generell als unhintergehbar beschrieben worden. Die Abstraktion wäre damit, um eine Formulierung Kracauers abzuwandeln, „unfotografisch“. Teilt die Abstraktion damit eigentlich das Schicksal mit dem Piktorialismus, dessen Manipulationen des Bildes in der Dunkelkammer sich an der Optik und den Verfahren der bildenden Kunst (hauptsächlich der Druckgrafik) orientierten, um auf diesem Weg die Fotografie kunstfähig zu machen? Das fotohistorische Urteil hat dies vielfach – meiner Ansicht nach kurzschlüssig – als ästhetisierende Verschleierung des eigentlichen Wesens der Fotografie verbucht. In dieser Hinsicht ist es aufschlussreich, dass das Heft sich eingehend den Verfahrensweisen widmet – und zwar in einer sehr breiten historischen Auffächerung, die von Henry William Fox Talbot über psychologische Experimente bis hin zu Wolfgang Tillmans reicht. Wie kann, Keep Reading

Ausstellung „Fette Beute – Reichtum zeigen“, Hamburg

Jürgen Teller, Werbung für Phillips de Pury & Co, 2005
Jürgen Teller, Werbung für Phillips de Pury & Co, 2005

Im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg hat Esther Ruelfs eine Ausstellung zu Reichtum kuratiert. Oder genauer: zur Repräsentation von Reichtum. Es ist eine Fotografie-Ausstellung, aber Esther Ruelfs nimmt auch Film, Fernsehen und Blogs dazu. Das ist doppelt gut, weil es das Fotografische als verstreutes Medium versteht und außerdem zeigt, dass Reichaussehen etwas ist, das auf vielen Kanälen Betrachter/innen, Beobachter/innen, Zuschauer/innen (und Ausstellungsbesucher/innen) braucht.
Zu sehen sind z.B. frühe Fotografien von Steichen, auf denen weiß gewandete Rennbahnbesucherinnen wie Geister durch die Szenerie schweben. Diese Geister zeigen sich viel später bei Martin Parr noch einmal: Kleidung und Habitus der heutigen Reichen orientieren sich am Gestrigen, das macht die Angelegenheit so erstarrt und deprimierend. In einer schönen Serie hat Jim Goldberg in den 1970er Jahren Reiche und Arme porträtiert und ihre Porträts kommentieren lassen – schon die Handschriften sprechen Bände. In ihrer Normativität ganz irre sind auch die Jugendlichen in „Kids + Money“, die Lauren Greenfield von ihrem Repräsentationstress erzählen. Am Ende hat man doch den Eindruck, dass Luxus und Exzentrik – ja durchaus produktive Spielarten von Reichtum – nur bei den kongolesischen Sapeurs zu finden sind. Und die sind gar nicht reich. Bis 11.1.15 Fette Beute – Reichtum zeigen